Sehenswert: Istanbul United

istanbul-united_454981Das Fanprojekt Kaiserslautern zeigte in Kooperation mit dem Union Studio für Filmkunst am vergangenen Samstag die Dokumentation „Istanbul United“.  Eingeladen war eigentlich noch Oliver Waldhauer – einer der beiden Regisseure. Leider musste er jedoch kurz vorher absagen. Schade, wäre mit Sicherheit eine spannende Diskussion gewesen.

Aber auch so hinterließ der Film ziemlich Eindruck. Aus einer spontanen Idee der Regisseure Farid Eslam und Oliver Waldhauer wurde eine 90 minütige Dokumentation, die nur durch ein Crowd-Funding realisiert werden konnte. Interessant hierbei ist, dass die meisten Interviews und Szenen erst nach dem Start des Crowd-Fundings zu Stande kamen.

Im Mittelpunkt des Films stehen die Gezi-Proteste und die Beteiligung der Fans der drei Istanbuler Vereine – Fenerbahce, Galatasaray und Besiktas. Dazu kommen Ultras aus den Gruppen „Vamos Bien“ (Fenerbahce), Ultraslan (Galatasaray) und Carsi (Besiktas) zu Wort. Anfänglich wird vor allem die Sichtweise der Ultragruppen auf die Gezi-Proteste und die türkische Gesellschaft im Allgemeinen verdeutlicht.  Es wird aber auch immer wieder versucht die Ultra- und Fußballkultur in der Türkei anhand minutenlanger Szenen aus den jeweiligen Stadien darzustellen. Die Regisseure schaffen so ein packendes Bild über die fanatischen Anhänger der Clubs, das durch die Interviews mit reichlich persönlichen Statements gefüllt wird. Es gelang sogar einen der Führungsköpfe der Gruppe Carsi von Besiktas zu interviewen.

Die eigentliche Beteiligung der rivalisierenden Ultras an den Gezi-Protesten wird durch teilweise erschreckende Bilder von Polizeigewalt rund um die Räumung des Geziparks dargestellt, kommt aber vor allem inhaltlich etwas zu kurz. Gerade die Position, die von „Istanbul United“ – also der Vereinigung der Fans der drei Vereine – in den Protesten eingenommen wird, wird wenig beleuchtet. Wäre aber auch zu viel verlangt, denn im Mittelpunkt steht eher die Tatsache, dass es geschafft wurde, die gegenseitige Rivalität für eine gemeinsame Sache abzulegen.  Sinnbildlich dafür stehen die Gesänge „Schieß doch, Schieß doch, Schieß doch dein Tränengas. Wirf den Knüppel weg, zieh den Helm aus. Dann sehen wir wer der Boss ist“ oder „Schulter an Schulter gegen den Faschismus“, die bei den Protesten gemeinsam gesungen wurden, und auch jetzt noch in den Stadien der drei Vereine zu hören sind.

Den Machern ist ein wirklich eindrucksvoller Film über die Fankultur sowie über die gesellschaftliche Lage in der Türkei gelungen. Allen, die sich für Fankultur und gesellschaftlichtspolitische Probleme interessieren, kann man den Film nur ans Herz legen.

Hier geht’s zum Trailer: Klick

Hier noch ein paar Hintergrundinformationen zu den Gezi-Protesten in der Türkei und der Beteiligung der Ultras: Klick