Boycott Qatar
Menschenrechte sind unverhandelbar
Wir sprechen uns für einen konsequenten Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar aus. Im Folgenden wollen wir die wichtigsten Gründe ansprechen und kurz erläutern.
Die Vegabe der WM 2022 im Jahr 2010 an das Emirat Katar führte direkt zu Ablehnung und Protest, der auf die Menschenrechtssituation in Katar aufmerksam machte. Katar ist eine absolute Monarchie, in der Todesstrafe und Folter praktiziert werden und Menschen wegen ihrer Sexualität, ihres Glaubens und ihres Geschlechts verfolgt werden. Fanvertreter äußerten sich besorgt über die Sicherheit von Homosexuellen, Menschenrechtsorganisationen forderten von der FIFA Einflussnahme und von der Regierung Reformen. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, welche dramatischen Folgen diese Entscheidung haben würde.
2013 wurde erstmals über die Zustände auf den Baustellen für die WM-Stadien berichtet. Amnesty International berichtete damals, dass auf vielen Baustellen keine Schutzhelme für die Arbeiter gibt. Sie lebten in überfüllten und unbelüfteten Unterkünften, in denen das Abwasser steht und es weder Strom noch fliessendes Wasser gibt. Arbeiter wurden gezwungen, über Monate hinweg sieben Tage die Woche zwölf Stunden zu arbeiten, trotz Hitze, Anstrengung und Unfallgefahr. Immer wieder gab es Berichte über Menschenrechtsverletzungen, starken Eingriffen in die Presse- und Meinungsfreiheit, Verbot von Gewerkschaften, Niederschlagung von Protesten und willkürlichen Inhaftierungen, Drohungen und Abschiebungen. Über viele Monate erhielten die Arbeiter keine Löhne, ihnen wurden die Pässe und damit die Reisefreiheit entzogen, sie wurden gegen ihren Willen an andere Arbeitgeber vermittelt und konnten ihre Arbeitsstelle nicht selbstbestimmt wechseln.
Jahre später ist klar, dass es über 15.000 Tote Arbeitsmigranten gab, bei 70% verschweigt die katarische Regierung bis heute die Todesursache. Menschenrechte wurden und werden systematisch nicht beachtet wurden, Löhne nicht gezahlt, Pässe entwendet, faktisch moderne Sklaverei im großen Stil betrieben. 2016 sah sich die katarische Regierung gezwungen, dem internationalen Druck zumindest etwas nachzugeben. Tatsächlich soll sich die Situation auf den Baustellen der WM-Stadien verbessert haben. Es wurden 2,55€ Mindestlohn und gesetzlich verankerte Arbeitsschutzstandards eingeführt, die allerdings kaum kontrolliert werden. Dass diese Veränderungen nichts als eine Imagekampagne sind, zeigt der Blick auf die Baustellen, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen, wo die Arbeiter nach wie vor unter Bedingungen der modernen Sklaverei schufften. FIFA-Chef Infantino feiert die Entscheidung die WM in Katar stattfinden zu lassen jetzt als Erfolg. Heuchlerisch, hat die FIFA sich doch erst Jahre nach Protesten und öffentlichen Druck, auch auf Sponsoren, dazu durchgerungen, Menschenrechte ganz offiziell zum Thema zu machen. Die Vergabe der WM hatte natürlich nichts mit erhofften Reformen vor Ort zu, genauso wenig wie die Reformen in Katar etwas mit der Position der FIFA. Grund dafür sind der Druck der von Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, der Presse und der Fußballfans. Und diesen Druck wollen wir aufrecht erhalten.
Ein weiterer Grund für einen Boykott der FIFA-WM sind die zahlreichen Korruptionsfälle der Vergangenheit. Auch, wenn es nicht eindeutig bewiesen ist, dass die Vergabe der WM gekauft wurde, gibt es viele Hinweise und Zeugenaussagen, die dies sehr nahe legen. Bei mehreren FIFA-Funktionären ist es bewiesen, dass sie Bestechungsgelder angenommen oder ihre Stimmen zum Kauf angeboten haben. Korruption bei der FIFA? Natürlich nichts Neues, aber neben der kompletten Vermarktung und Kommerzialisierung des Fußball-Events ein maßgeblicher Grund dafür, dass immer mehr Fußballfans sich von den großen internationalen Turnieren abwenden.
Wegen unserem Boykott der WM wird kein Toter lebendig und wahrscheinlich wird sich in Katar auch nicht allzuviel nachhaltig ändern. Dieser Protest geht in erster Linie an die FIFA, die UEFA und auch an den DFB Lehren aus den Skandalen und Toten der Vergangenheit zu ziehen und echte Reformen mit konsequenter Umsetzung und Kontrollen bei der Vergabe von Austragungsorten von Turnieren oder auch Werbepartnerschaften und Trainingslagerorten zu schaffen. Auch in Brasilien, Russland oder Südafrika gab es schon vor und auch im Zusammenhang mit den dort ausgetragenen Turnieren Eingriffe in die Pressefreiheit, miserable Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen wie zum Beispiel Zwangsumsiedlungen und Korruptionsfälle. Diese Zustände sind untragbar. Menschenrechte müssen unverhandelbares Auswahlkriterium sein!
Auch jetzt kurz vor der WM, nachdem alle Stadien längst fertig gestellt sind, sorgt die katarische Regierung mit ihren Regelwerken für Fans und Journalisten für Kopfschütteln. Insbesondere die Einschränkungen der Pressefreiheit sind nicht tragbar. Unterkünfte und Arbeitsmigranten sollen nicht gefilmt werden, Kataris nicht in ihren Wohnung interviewt, öffentliche Gebäude wie Universitäten nicht gezeigt werden. Homosexuelle seien offiziell willkommen, aber sollen ihre Sexualität verstecken und sich anständig kleiden, andernfalls könnten langjährige Haftstrafen und Auspeitschen drohen. Ein großer Teil der rund 2 Millionen Arbeitsmigranten soll bis zur WM das Land verlassen haben. Man möchte wohl Elend und Ausbeutung verstecken und unliebsame Interviewpartner entfernen.
Amnesty International und die FIFA befinden sich seit einiger Zeit im Austausch über Forderungen von Entschädigungszahlungen für die Arbeitsmigranten und deren Hinterbliebenen, was auch der DFB unterstützt. Wir begrüßen diese Maßnahme und fordern den DFB auch, weiter Druck auf die FIFA auszuüben. Wer diese Forderung unterstützen will, kann unter https://www.amnesty.de/wm-katar-2022 eine Petition unterschreiben, die weltweit von Fanorganisationen unterstützt wird.
Uns ist bewusst, dass das Thema für viele Fans emotional ist und viele Facetten hat. Wir haben uns für den Weg eines Boycotts entschieden, da wir es nicht mittragen können, dass Menschen für ein Fußballturnier derart leiden und ausgebeutet werden. Die FIFA und alle Sportverbände müssen die Einhaltung von Menschenrechten künftig bei der Vergabe von Austragungsorten zu einer entscheidenden Bedingung machen! Menschenrechte sind unverhandelbar – Boycott Qatar 2022!