Fanrechtefonds

fanrechtefondsWie schon im letzten UdH #95 beim Heimspiel gegen die Spielvereinigung Fürth angekündigt, wollen wir euch hier auf dem Blog einige Workshops vorstellen, die wir beim diesjährigen Fankongress in Berlin besucht haben.

Anfangen wollen wir mit dem Workshop „Zur Notwendigkeit rechtlicher Unterstützung von Fußballfans“. Zusammen mit dem Fanrechtefonds, der Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte und lokaler Rechtshilfen ging es darum welche Möglichkeiten zur rechtlichen Unterstützung bereits existieren, wie zusätzlich lokal rechtliche Unterstützungen in Form von Fanhilfen aufgezogen werden können und warum dieses so wichtig ist.

„Stell dir vor, du fährst zu einem Auswärtsspiel, der Bus hält an einem Autobahnrasthof und genau dort kommt es zu einem Zwischenfall. Vielleicht, weil jemand aus dem Bus meinte das Bier für umsonst mitnehmen zu können, oder jemand fühlte sich provoziert und es gab ein Handgemenge. Die Polizei wird gerufen und stellt die Personalien aller Mitreisenden fest. Später wirst du erfahren, dass gegen dich, wie gegen alle anderen, ermittelt wird. Das ist rechtens und du musst dir keine Sorgen machen. Du hast ja nichts getan. Du bist unschuldig und du giltst als unschuldig. Das Verfahren wird irgendwann eingestellt werden, vielleicht wegen erwiesener Unschuld, vielleicht wegen mangelnder Beweislage, vielleicht verzichtet der Staat wegen Geringfügigkeit auf weitere Aufklärung. Kein Problem, oder doch? Inzwischen hast du einen netten Brief erhalten, in dem dir erklärt wird, dass du für die nächsten Monate beziehungsweise Jahre keine Fußballspiele mehr besuchen darfst. Auch wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, bleibt dieses Stadionverbot bestehen. Dein Name ist jetzt vielleicht in einer Datei, in der die Polizei Angaben zu Gewalttätern sammelt. Du willst ins Ausland fliegen und man weist dich an der Grenze ab, weil gerade ein brisantes Spiel einer deutschen Mannschaft in jenem Land bevorsteht und weil man nicht riskieren will, dass “potenzielle Gewalttäter” –  wie du – dorthin reisen …“

Für die meisten Normalbürger sind solche Vorfälle unvorstellbar. Für aktive Fangruppen, die sich auch abseits der tollen Weltmeisterschaftsstimmung in Fußball-Deutschland bewegen sind solche und weitere Dinge aber fast jedes Wochenende an der Tagesordnung. Beim Fankongress in Berlin berichtete Wilko Zicht über den Fanrechtefonds, der bereits 2006 gegründet wurde um die Rechte von Fußballfans gegenüber den Veranstaltern, deren Ordnungskräften sowie gegenüber der öffentlichen Gewalt zu wahren, durchzusetzen und zu stärken. „Wir denken, dass Recht und Gesetz nicht nur auf Seiten der Anderen stehen kann. Deshalb wollen wir prüfen lassen, ob der Staat wirklich so mit uns Fußballfans umgehen darf. Rechtsprozesse kosten allerdings viel Geld. Wir wollen nicht den Dieb schützen, der das Bier klaut und nicht den Schläger, der der Meinung Anderer Fausthiebe entgegensetzt. Wir wollen uns nicht vor denjenigen stellen, der mit Leuchtkugeln auf andere Zuschauer zielt. Wir wollen vielmehr, dass friedliche Fußballfans nicht länger kriminalisiert und für die Vergehen Anderer bestraft werden.“

Laut Zicht ist man immer auf der Suche nach Musterfällen, zum Beispiel die Datenweitergabe von Vereinen an die Polizei, Beförderungsausschlüsse der Deutschen Bahn (“Die werden nach unseren Erkenntnissen immer mehr”) oder Stadionverboten aufgrund von Drittortauseinandersetzungen. Für 2014 hoffe er auf ein Urteil des Verfassungsgerichts aus Karlsruhe, das verbietet, Stadionverbote auf Verdacht auszusprechen. Er zählte auch ein paar Erfolge des Fanrechtefonds auf. So sollen zum  Beispiel keine Stadionverbote mehr aufgrund von Beamtenbeleidigung ausgesprochen werden. Er ermutigt die Szenen, bei Problemen und Fragen auf den Fanrechtsfond zuzugehen – gleiches gilt natürlich auch für Einzelpersonen, denen im Zusammenhang mit Fußballspielen etwas wiederfahren ist und die Hilfe benötigen. Zur Zeit stünden ausreichende Mittel zur Verfügung, um solche Musterfälle finanziell zu unterstützen. Das Projekt Fanrechtefonds wird getragen von zahlreichen deutschen Fanclubs und Fangruppen, von den beiden überregionalen Fanorganisationen BAFF und PRO FANS sowie von vielen Einzelpersonen. Ein aus fünf Fans verschiedener Vereine bestehender Kassenrat entscheidet im Einklang mit der Satzung des Treuhandkontos über die Verwendung der Spenden. Zwei Anwälte verwalten das Geld und überwachen die satzungsgemäße Nutzung.

Infos über den Fanrechtefonds, Kontaktmöglichkeiten aber auch die Möglichkeit, das Projekt mit einer Spende zu unterstützen, findet ihr unter www.fanrechtefonds.de.