Brasilien Spezial – Teil 3
Nach zwei bereits spannend zu lesenden Parts kommen wir nun zum “Grand Final” unserer Brasilien-Reihe. Der Gringo hat sich ein weiteres Mal ins Zeug gelegt, um euch interessante Einblicke in die Welt der Torcidas zu eröffnen. Dieses Mal kommt mit Christiano sogar der Präsident der Torcida Garra Alvinegra vom ABC Futebol Clube Natal zu Wort – OBRIGADO pela sua contribuição! É uma honra! Das Teilen dieser wertvollen und stellenweise persönlichen Erfahrungen, verdient Dank und Respekt. Nehmt euch also gerne die Zeit und lest zunächst Teil 1 und Teil 2, bevor ihr die Trilogie abschließt. Viel Spaß dabei!
(Marcello) Hm, wie sollte ich den letzten, für mich persönlich interessantesten Teil anfangen? Laaaaaange hab ich mir diese Frage gestellt, um dann mit der wohl logischen Frage „Was sind eigentlich Torcidas?“ zu beginnen. Zunächst einmal möchte ich als erstes betonen, dass es genauso undifferenziert wäre, Torcidas als Ultras bezeichnen, wie die Betitelung von Ultras als Hooligans. Allerdings weisen beide Anhängerkulturen (also Torcidas und Ultras) klare Parallelen zueinander auf.
Da sich dieser dritte Teil um aber „Garra Alvinegra“ drehen soll, folgt nun ein kurzer, aber wesentlicher Exkurs:
„Torcida“ bezeichnet – wie im Portugiesischen üblich – nur sehr unpräzise etwas, nämlich einen Anhänger. Das Wort stammt vom Verb „torcer“ und heißt frei übersetzt so viel wie durchdrehen.
Aber egal, wer ins Stadion geht, er ist Anhänger des Vereins und das unabhängig davon wie und mit welcher Absicht er ins Stadion geht, er ist Torcedor/Torcida. Die Gruppen in Brasilien werden als „Torcida organizadas“ bezeichnet, was nichts weiter als „Anhängerorganisation“ heißt. Der Grund für diesen einfachen Ausdruck ist genauso simpel wie er selbst: Diese Kultur ist eine rein brasilianische – Es gibt logischerweise Parallelen zur Ultrakultur und den Barras in Argentinien, aber in den 1960ern war es schlicht und ergreifend einfach nicht möglich, sich großartig etwas „abzuschauen“ – noch weniger als damals in Deutschland (Wo an die Ultrabewegung ja noch gar nicht zu denken war). Dies hat dementsprechend zur Folge, dass viele Gruppen schon sehr alt sind. Die wahrscheinlich älteste Gruppe des Landes ist „Jovem Fla“ („Flamengo Youth“), welche 1967 gegründet wurde. (An dieser Stelle ein Gruß an unsere Freunde aus Rio und weiterhin die Forderung ultras.ws abzuschaffen!) Allerdings gab es schon in den 1940er Jahren (!!!), erste Zusammenschlüsse von Torcidas, um den Stadionbesuch zu einem noch größeren Erlebnis zu machen – Sei es durch Fahnen, Konfetti und organisierte Fangesänge.
Die Intention dabei ähnelt der der Ultrabewegung sehr: Seinen geliebten Verein organisierter, lauter, bunter und kreativer zu unterstützen.
Ohne zu weit ausholen zu wollen: Im Stil unterscheiden sich die Torcidas meist schon eher von den Ultras in Europa. In Brasilien ist es nicht Anspruch, 90 Minuten im Stadion zu singen, sondern Konvention. Dies hängt mit der Auffassung zusammen, dass die Mannschaft immer unterstützt werden muss, um seinen Teil zum Sieg beizutragen. Dies gilt auch, wenn man mit der Leistung der Spieler oder generell mit dem Präsidium nicht zufrieden ist – Proteste werden meist in der Halbzeit „ausgetragen“ oder anderweitig geäußert.
Normalerweise hat jede Torcida organizada ein eigenes Maskottchen, das sich meist an das Wappentier des Vereins anlehnt. Dieses wird dann mit Gruppenlogo, Vereinsfarben und dicken Muskelbergen versehen. Garra Alvinegra stellt hier allerdings eine Ausnahme da – Hier ist es nämlich die Fledermaus, obwohl das Vereinstier ein Elefant ist. Fahnen gehören in Brasilien weniger dazu als bei uns. Diese sind meist sehr schlicht gehalten und relativ groß, was auch für die Zaunfahnen gilt. Wenn man im Ultrá-Jargon bleiben möchte, könnte man vom „Vecchio-Stile“ sprechen.
Eine Besonderheit gegenüber vielen Ultragruppen ist die strenge Hierarchie: Es gibt einen Präsidenten, Vize und Schatzmeister. In einigen organizadas werden diese sogar bezahlt, das war und ist in Natal aber nicht der Fall.
Bevor ich nun zum „ganz Wesentlichen“ übergehe, möchte ich noch kurz auf den Punkt „der Gewalt“ eingehen. Viele Torcidagruppen haben eigene Kampfsportsektionen, in denen Thaiboxen, MMA und Judo gelehrt werden, meist auch in den eigenen Räumlichkeiten. Dementsprechend sind die Mitglieder der Gruppen robust aufgestellt und wenig gehemmt, Gewalt anzuwenden. Bei der heftig agierenden Polizei in Brasilien (siehe Teil 1), entsteht so natürlich eine miese Abwärtsspirale.
Nun aber zu „Garra Alvinegra“. Der Name bedeutet „Schwarz-weiße Gang“ und gegründet wurde die Gruppe 1991 als „Gang Alvinegra“– Kurioserweise also noch eine relativ junge torcida organizada. Wie eben erwähnt ist das Maskottchen der Gruppe eine Fledermaus – weil sich diese immer im alten Stadion von ABC herumtrieben, wenn es dunkel wurde. Am dritten März 1991 trat TGA (Torcida Garra Alvinegra) erstmals mit 75 Leuten im Stadion auf, heute sind es an guten Spieltagen über 250. Die Gruppe verteilt sich auf über 15 Sektionen in und um die Stadt Natal und nicht ganz ohne Stolz wurde mir erzählt, dass jede Sektion in ihrem Viertel versucht, mehr Menschen für ABC zu begeistern – Hier ist eine Parallele zu den Barras zu finden.
Als ich Augusto kennenlernte, war das mein Glücksgriff für den Aufenthalt in Brasilien. Dieser ging mit mir zu Bruno, dem Vizepräsidenten der Gruppe. Nachdem die beiden sich vor Spielbeginn des Stadtderbys unterhalten haben, kam dieser in der Halbzeit zu mir und drückte mir Tanktop und Kappe der Gruppe in die Hand. Ich vermag nicht zu urteilen, inwiefern es damit zusammenhing, dass ich Augusto dabei hatte, der eine Persönlichkeit in der Fanszene von ABC darstellt, allerdings ist es einfach Fakt, dass sowas, egal ob es sich um eine Gruppierung von Ultras, Torcidas oder einer Barra Brava handelt, nicht um eine Selbstverständlichkeit handelt.
Hinzu kommen noch die Fakten, dass Ausländer in Brasilien kein alltäglicher Anblick sind, ich wurde also erst einmal ordentlich beäugt und gemustert, als ich das erste Mal dort zugegen war und dass man Europäern sowieso ziemlich kritisch gegenüber steht, arbeitete auch nicht für mich. Genauso wie in Deutschland Vorurteile gegen andere Länder und Sitten bestehen, bedienen sich auch Brasilianer verschiedener Stereotype. Daher wurde ich auch schnell als „reicher Deutscher“ hingestellt. Mit diesem Vorurteil musste ich kämpfen bis zur Auswärtsfahrt nach Recife. Mir wurde mehrmals gesagt, dass es an diesem Tag sehr wahrscheinlich ziemlich Ärger geben könnte. Mit einer Mischung aus jugendlichem Leichtsinn und dem Reiz des Unbekannten sagte ich aber nur freundlich, dass ich damit leben könne. Dies schien den Torcidas dort wohl großen Respekt abzuringen – Im Nachhinein war die Warnung jedoch nicht ganz unberechtigt. Mir ist zwar nichts passiert, aber sowohl die Ansage von einem Bullen „Don’t make trouble, Brazilian jail is no fun“, als auch das doppelte Geballer mit der Gummipump in die Luft, waren dann schon „Randerfahrungen“ wie man so schön sagt. Die größte Angst an diesem Tag von mir, war spätestens nach der Predigt vom Cop, hier einzufahren, gerade in Recife, 300 Kilometer weg von Natal, wo ich genau eine Person gekannt habe – nämlich Augusto. Erwähnt haben möchte ich auch, dass Recife immerhin auf Platz 35 der gefährlichsten Städte der Welt ist – so sah es dort übrigens auch aus, das „Beste“ aus Frankfurt, Bochum und Lautern 😉
Wie auch immer, es wird trotzdem nicht so heiß gegessen wie gekocht und im Endeffekt bereue ich keine Sekunde, von den 14 Stunden, die diese Auswärtsfahrt in Anspruch genommen hat. Nachdem ich auf der Hinfahrt noch ziemlich verarscht wurde, setzte man mich auf der Rückfahrt noch morgens um 5 direkt vor meiner Haustür ab, so kann’s gehen.
Wenige Tage darauf kam gleich das nächste Highlight, denn das Angebot die Räumlichkeiten von TGA zu besuchen konnte ich auf keinen Fall ausschlagen, so viel war klar. Also mit Gledson, dem Vorsänger der Meute an der Mall, direkt vor der Haustür getroffen und mit ihm zum „Sede social“ gefahren. Erwähnen möchte ich noch unser Gefährt, ein VW Gol aus einem älteren Jahrgang, welchen er sich anscheinend extra geliehen hat, nur um mich mit einem Auto holen zu können – Das sagt sehr viel aus darüber, wie ich die ganze Zeit in Brasilien behandelt wurde. Jedenfalls war es lustig in einem Auto zu fahren, bei welchem 2 gigantische Risse die Scheibe zierten, das linke Vorderrad lustigste Bewegungen machte und das Getriebe sich nur mäßig für die Gänge 3 und 4 begeistern ließ. In Deutschland geht sowas sofort auf den Schrott! Aber solange es fährt?! Então, irgendwann waren wir dann in einem richtig elenden, armen Viertel angekommen, was etwas besser als Favelas war, irgendwo im Norden der Stadt. Erstaunt hat mich, dass das Hauptquartier meilenwert zu erkennen wäre, wenn es nicht in so einer verwinkelten Gasse wär. Dicke Letter, das Gruppenlogo und mehrere Vereinslogos zieren deren Räumlichkeiten von außen, die augenscheinlich ziemlich heruntergekommen sind. Was ich oben erst feststellte, ist, dass immer einer an einem arschlahmen Computer hockt, an den die Überwachungskamera am Eingang angeschlossen ist. Herein kommt man hier nur mit dem Summer und nur, wenn man berechtigt ist. Oben staunte ich nicht schlecht, denn hier wurde vermutlich ein altes Schlachthaus oder ähnliches zu den eigenen Zwecken umgebaut. Im großen Hauptraum begrüßte mich erstmal ein fast komplett leerer Raum. Dieser wird in erster Linie für das Kampfsporttraining genutzt, im Lagerraum waren die entsprechenden Bodenmatten und diverse Sandsäcke. Alles war verkachelt und wirklich spartanisch eingerichtet – 2 Plastikstühle (natürlich wurde mir sofort einer angeboten, wär ja auch nicht so, dass da 5 Leute vor mir waren), ein Tisch dazu und ein Miniminimini Schwarz-Weiß Fernseher. Nebendran war ein Verkaufsraum mit den unterschiedlichsten Artikeln – Neben dem Klassiker, ärmellosen Shirts, gab es hier auch allerhand Schlüsselbänder, CD’s, Schlüsselanhänger, Armbänder, Eintrittskarten usw zu kaufen. Die Shirts dort sind wirklich unverkennbar. Die schwarz-weißen Vereinsfarben lassen einen ABC Mob zugegebenermaßen brutal elitär aussehen, auch weil sich immer aus einem Reportoire bestimmter Motive bedient wird, die „cooperate identity“ geht also klar 😉 Wie kann man sich die Klamotten vorstellen? Sehr weiß, mit dicken Logos und großen Schriftzügen, wenig Schnörkel aber trotzdem ansehnlich. Auf jeden Fall etwas „funky“ und definitiv „etwas Anderes“.
Der Verkaufsraum war schon wesentlich besser ausgestattet, außerdem gab es hier einen Computer, der internetfähig war. Schnell wurde mir klar, dass die Jungs gerne mal schauen würden, was bei uns so geht und besonders das Video von unserer Pyroaktion in Mainz erfreute sich großer Beliebtheit. Dem Blick über den Tellerrand ist man dort also auch nicht abgeneigt! Nach Anprobieren (Wieder Klamotten), Smalltalk, dem ein oder anderen Schnappschuss zur Erinnerung und dem ein oder anderen Bierchen wurde mir dann noch angeboten, mir eine Karte für die 22 Jahre Feier zu kaufen. Dass ich überhaupt nicht überlegen musste, war wohl logisch. Also Karte gekauft, heim fahren lassen und noch ne CD mit feinem TGA Rap abgestaubt – seeeehr geil!
Das absolute Highlight meines gesamten Aufenthalts neben dem wirklich unfassbaren Stadtderby (wer darüber noch nicht gelesen hat und Spaß an dieser Reihe hatte, sei der Bericht ans Herz gelegt → Ingolstadt Ausgabe des „normalen“ UdH) und dem ebenso außergewöhnlichen Trip nach Recife war dann zweifelsohne die besagte Party. An meinem vorletzten Wochenende fand diese Party an einem Sonntag statt, in keiner geringeren Location als der Haupttribüne des Frasqueirão . Los ging es um 11 Uhr und gegen 12 Uhr ging es nach dem Einlass auch richtig los. Was ich irgendwie bemerkenswert gefunden habe, war, dass wirklich ALLE vor dem Einlass durchsucht wurden. Bei mir wurde zwar locker gemacht, weil mir eh keiner zugetraut hätte, da Unruhe zu stiften, aber trotzdem seltsam, dass das anscheinend notwendig gewesen ist. Was mich drinnen erwartete wird wohl bei den meisten von euch absolute Neiderfüllung hervorrufen: Nach und nach füllte sich der Bauch der Haupttribüne mit allerhand Torcidas aus der ganzen Republik. Neben den engsten Freunden aus Ceará (Die Gruppe dort trägt den klagvollen Namen „Cearámor“), gab es auch 2 verrückte, die aus der Nähe von Rio über 3 Tage und 2500 Kilometer angereist waren – Wie gesagt für eine 22-Jahre Feier an einem Sonntagmittag – Das war einer der Punkte, an denen ich die wirkliche Mentalität der Torcidas kennenlernte. Von 2-3 Jungs, die mir zum Teil bekannt waren und zum Teil auch nicht, wurde ich während der Party „betreut“, vielmehr schauten die aber, dass ich keinen Ärger mit jemand bekomme. Im Endeffekt werden es an die 500-600 Torcidas gewesen und in der Haupttribüne und am Zaun der Haupttribüne hingen locker 15 verschiedene Fahnen befreundeter Gruppen – reiht sich nahtlos in die Ungezwungenheit der brasilianischen Kultur ein. Nachdem alle Gäste begrüßt wurden und jede Gruppe eine Art folierten Wimpel in die Hand gedrückt bekam, wurde ich zu meiner Überraschung auch auf die Bühne gebeten und nach obligatorischem Händeschütteln mit dem eben genannten Wimpel ausgestattet. Das war die größte Ehre, die mir dort zu Teil wurde, ein unglaubliches Gefühl. Nachdem eine Reggaeton Band aufgetreten war, ging der große Rummel los. Die Trommlersektion, welche mit auffällig gelben Shirts ausgestattet ist, wurde von den Vorsängern eingesungen und die 600 Mann Meute rastete KOMPLETT aus.
(02:36min) Terror kommt von der Tribüne, wenn das Stadion bebt,
Garra Alvinegra will die Menge toben sehen,
dominiert die ganze Stadt, besitzt die Moral im Frasqueirão
es gibt niemand, der Garra nicht sieht,
die Meute ist durchdacht, es ist gut uns zu respektieren,
wer mit uns Faxen macht wird weinen, im Machadão zeigt sich,
wer der Boss der Natal’s ist, es ist die GANG von ABC,
sie hat keinen Mike Tyson, keinen Holifield und keinen Anderen,
im Stadion hat Garra Alvinegra kein Mitleid.
Mein Herz hüpfte im Takt mit und meine Haare hatten die 90 Grad zur Hautoberfläche schon lange erreicht. Das alles an einem Sonntagmittag, unabhängig von einem Spiel, der absolute Wahnsinn! Auf diesem Meet& Greet von Torcidas als mehr oder weniger offizieller Gast zugegen zu sein, das war eine absolute Ehre für mich. Ebenfalls war ich unglaublich beeindruckt von der Mentalität, der Leidenschaft und der Selbstverständlichkeit, mit welcher die Lieder vorgetragen wurden. Nie zuvor habe ich eine solche Inbrunst gesehen, bei dem Vortragen von Gesängen, Klatscheinlagen und Pogo. Über die Trommelrhythmen brauche ich eigentlich gar nicht anzufangen, nicht von dieser Welt! Viel zu schnell musste ich mich gegen 16 Uhr schon wieder verabschieden, weil ich meinen „normalen“ Freunden versprochen hatte, mit ihnen die letzte Gelegenheit zu nutzen, ein Spiel der Seleção anzusehen. Das bereue ich dann im Endeffekt doch ein bisschen ehrlich gesagt. Nach einer herzlichen Verabschiedung trennte ich mich schweren Herzens ein letztes, endgültiges Mal von den Verrückten, welche ihr Herz am rechten Fleck tragen. Viele nette Worte und die feste Abmachung, 2014 wieder zu kommen, waren das letzte, was ich mit Cristiano, Gledson und den Anderen besprach, einige Umarmungen und geschüttelte Hände später, fand ich mich dann im Taxi wieder, welches mir als Transportmittel nach Hause ans Herz gelegt wurde. Da einige Nasen von Mafia Vermelho (dem Todfeind von TGA) in Seitenstraßen zu sehen waren, war dies wohl die bessere Variante. Zu Hause berichtete ich meinem Mitstreiter von dem erlebten, jedoch nicht, ohne etwas wehmütig zu werden, ob der baldigen Abreise.
Ich fasse zusammen: Torcidas sind eine eigene Kultur für sich, die aber auf jeden Fall vergleichbare Bestandteile der Ultra- und Barra Brava-Kultur aufweist. Garra Alvinegra ist eine tolle Meute, mit einem großen Organisationsaufwand, welcher mich mehrfach beeindruckte. Einen Konvoi mit 220 Teilnehmern an einem Mittwochnachmittag zu stellen, muss erst einmal nachgemacht werden. Ich lernte Leute kennen, die einen Tag auf ihr Essen verzichten, um ABC spielen zu sehen. Bei der Auswärtsfahrt im Bus und bei der Party habe ich eine Passion erlebt, welche mir heute noch die Haare aufstellt. Torcidas sind eine großartige Anhängerkultur, die ähnlich wie die Ultras erheblich (und meist zu Unrecht) von Medien und Staat gegängelt werden. Diese Menschen haben sich genauso wie wir, dem Leben für ihren Verein verschrieben und leben genauso 6 Tage die Woche für den Spieltag. Es ersetzt genauso wie bei uns zum Teil die Familie und für viele ist die Torcidagruppe eine bessere Anlaufstelle als diese. Torcidas tragen mindestens genauso stark in ihrem Herzen die Liebe und die Leidenschaft für ihren Verein für die Ultras.
Erfreulicherweise erreichte mich kurz vor Veröffentlichung des letzten Teils noch ein sehr netter Text, den Cristiano, der Präsident von TGA, dankenswerter Weise verfasst hat. Aus Respekt und Dank gelten ihm die allerletzten Worte dieser Reihe, zunächst gilt mein Dank aber TGA:
Obrigado por tudo gente, eu nunca vou esquecer o que você fez por mim. Foi um prazer para mim conhecê vocês! Garra Alvinegra e ABC FC terá sempre um lugar no meu coração!
Liest nun noch eine kurze Zusammenfassung von Cristiano, die etwas hakelige Sprache resultiert aus der sehr straighten Übersetzung. Mir war es wichtig, möglichst unverfälscht die Sichtweise von TGA zu übersetzen:
Hallo,mein Name ist Cristiano Fasanaro und ich bin erfreut darüber gewesen, dass außerhalb unseres Landes eine Art Dokumentation über unsere Torcida organizada gemacht wurde, die in anderen Worten und auf andere Art und Weise unseren Stil und unsere regionale Kultur zeigt, was uns glücklich macht. Ein Teil dieser Kultur ist Fußball.Ich bin Teil meiner Torcida organizada, seit ich 13 ½ Jahre alt bin, was mir eine gute Einsicht in verschiedene Probleme gibt. Was meine Aufmerksamkeit besonders erregte, war die „andere Präsenz“, die Präsenz einer „anderen Person“ aus einem fremden Land und aus einer anderen Kultur. Wir nannten ihn „den Gringo“ und er kam bei einem Spiel und bei einer Auswärtsfahrt in unsere Mitte. Es war ein anderes Gefühl, er mischte sich schnell unter die anderen Leute und konnte andere eine Sicht für unsere Umgebung, positiv ausgedrückt eine komplett andere, in Bezug auf wirtschaftliche und kulturelle Gegebenheiten, gewinnen. Dies macht seine Präsenz nur halb so komisch, auch weil er mit unserem Freund kommunizierte, wurde er sehr gut von unserer Gemeinschaft aufgenommen und schnell als „der Gringo“ integriert, hehe. Er wurde schnell von einen Mitgliedern unserem Kommando (Sektion) Ost angenommen, in deren Bus er bei der Reise nach Recife saß. Er wurde dort von „Laus“, der Leitperson der Sektion mitgenommen und ich bin mir sicher, er konnte dort die Themen sehen, die uns beschäftigen und die andere Art zu Reisen und sich zu verhalten.Der Konvoi hatte die Vorahnung, dass etwas passieren könnte, was auch unserer Vergangenheit mit den Torcidas von Sport Recife zusammenhängt. Das Spiel war im brasilianischen Pokal, ein sehr wichtiges Spiel, weil es für uns (durch das Weiterkommen) mehr Freude bedeutete. Weil wir mit dem Satz „Mission erfüllt“ nach Hause fahren konnten, hätte uns dieses Spiel normalerweise super zufriedengestellt. Das war nicht der Fall, denn unser Besucher bekam zu sehen, wie unsere Mitglieder behandelt werden und wie schlecht unser Fußball organisiert ist. Außerdem musste er wohl realisieren, dass wir über keine Polizei verfügen, welche mit Torcidas organizadas umgehen kann. Unsere Torcida durfte nicht ins Stadion und uns wurden die Tore verschlossen und schließlich die ganze Torcida organizada aus der Stadt getrieben. Das zeigt den Stil unseres Fußballs, in dem viel Freude, Passion und Kultur steckt, was von den Offiziellen und Funktionären in bestimmter Weise kaum beachtet wird, ebenso wie von den staatlichen Autoritäten. Der Gringo mochte nicht nur nur unsere Auswärtsfahrt, sondern auch die Größe unserer Bewegung, ihre Gedanken, den Teil einer kritischen Denkweise in einer Passion, die wir ABC FC nennen.